Antrag: Ablehnung Einführung Bezahlkarte für Geflüchtete

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Kravanja,

ich bitte Sie, in der Sitzung des Rates der Stadt Castrop-Rauxel am 13.03. 2025 folgenden Antrag
beraten und beschließen zu lassen:
Der Rat der Stadt Castrop-Rauxel lehnt die Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete im
Zuständigkeitsbereich der Kommune ab. Grundlage hierfür ist die Nutzung der Opt-Out-Regelung,
die die Landesregierung NRW ermöglicht. Die Asylbewerberleistungen sollen weiterhin auf ein
Konto per Überweisung gewährt werden.

Begründung:
Die Einführung der Bezahlkarte soll migrationspolitischen Zielen dienen. Die Theorie
sozialpolitischer ,,Pull-Faktoren“ für Fluchtbewegungen ist jedoch in der Migrationsforschung
vielfach widerlegt worden. Menschen machen sich auch weiterhin auf den Weg auf der Suche
nach Stabilität, Schutz vor Verfolgung und humanitären Lebensbedingungen,

Auch die Annahme, dass Menschen, die Asylbewerberleistungen beziehen, vielfach große
Summen in ihre Herkunftsländer überweisen, wird von Migrationsforschenden aufgrund der
geringen Leistungshöhen des Asylbewerberleistungsgesetzes angezweifelt (Vgl. ,,Die
Bezahlkarte könnte nach hinten losgehen“ I Artikel I MEDIENDIENST INTEGRATION). Nach
einer aktuellen Studie des Deutschen lnstituts für Wirtschaftsforschung DIW (hier abrufbar:
https://www.diw.de/documents/publikationen/tg/diw_01.c.928629.de/24-49-1.pdf) senden
lediglich sieben Prozent der Geflüchteten Geld aus Deutschland ins Ausland. Die Tendenz ist
gemäß der Studie weiter abnehmend. Die Vorstellung, dass Geflüchtete, die auf
Grundsicherung angewiesen sind, in großem Umfang Geld ins Ausland schicken, entbehrt
damit jeder empirischen Grundlage.
Wenn, dann überweisen Geflüchtete nur geringe Summen ins Ausland zur
Familienunterstützung.

Eine Verwaltungsvereinfachung ist durch die Bezahlkarte nicht zu erwarten, eher die
Mehrbelastung kommunaler Behörden und damit auch erhöhte Kosten, die zum großen Teil
auch bei den Kommunen anfallen. In der Presseerklärung des Städte- und Gemeindebundes
NRW (StGB NRW) vom 13.02.2025 heißt es dazu: ,,Rückmeldungen aus der Praxis lassen
erwarten, dass der Verwaltungsaufwand sogar steigen wird.“
Die meisten Schutzsuchenden, die in den Kommunen leben, haben zur Zeit ein eigenes Konto,
auf welches die Sozialleistungen unkompliziert per Überweisung ausgezahlt werden. Dieses
bewährte System stellt für alle Seiten die beste Lösung dar. Bei Einsatz der Bezahlkarte werden Sozialleistungen als Guthaben auf die Karte gebucht, sie ist nicht mit einem regulären
Bankkonto verknüpft. Die Umstellung auf ein komplett anderes Modell bedeutet für die
Verwaltung ein hohes Maß an Aufwand und damit auch an Kosten, die das Land NRW auf die
Kommunen abwälzt. ,,Allein weil wir nun jeden Einzelfall prüfen und auf ein neues
Zahlungssystem umstellen müssen, ist mit erheblichem administrativen Mehraufwand zu
rechnen“, machte Prof. Dr. Landscheidt (SPD), Präsident des Städte- und Gemeindebundes,
klar. ,,Die Bezahlkarte kann ihren eigentlichen, ohnehin umstrittenen Zweck kaum noch
erfüllen“, führte Landscheidt aus. ,,Weder reduziert sie unter solchen Bedingungen Anreize zur
irregulären Einreise, noch entlastet sie die Kommunen.“ (siehe Presse-Erklärung des StGB
NRW vom 13.02.2025)
Das wesentliche Argument gegen die Bezahlkarte ist ihre diskriminierende und
integrationshemmende Wirkung. Die Bezahlkarte ermöglicht den Flüchtlingen lediglich 50 €
Bargeld pro Monat. Der Einkauf auf Märkten und in kleinen z.B. arabischen Geschäften, die
keine Kartenzahlungen anbieten, ist damit eingeschränkt. Selbst alltägliche Ausgaben wie das
Taschengeld für den Schulausflug der Kinder, Münzen für die Benutzung öffentlicher Toiletten,
Teilnahme an Stadtteil- und Nachbarschaftsfesten und vieles mehr können ein Problem
darstellen. Die Nutzung der Bezahlkarte kann auch örtlich beschränkt werden. Dies ist ein
massiver Eingriff in die Handlungsfreiheit eines jeden Menschen und menschenverachtend.
Insgesamt schränkt die Bezahlkarte die gesellschaftliche Teilhabe und damit die Integration
geflüchteter Menschen erheblich ein. Fortlaufend wird ihnen bei Bezahlvorgängen vermittelt,
sich als Menschen 2. Klasse zu fühlen.

Wir schaffen u.a. durch die Einführung der Bezahlkarte ein Klima der Ausländerfeindlichkeit,
obwohl unser Land mit einer alternden Gesellschaft auf Zuwanderung angewiesen ist.

Mehrere Städte in NRW haben die Bezahlkarte durch die Nutzung der Opt-Out-Regelung
abgelehnt. Dazu gehören: Dortmund, Düsseldorf, Krefeld, Leverkusen, Mönchengladbach,
Münster und Telgte. Absehbar werden noch folgende Städte die Opt-Out-Regelung anwenden
und die Bezahlkarte ablehnen: Aachen, Düren, Erkrath, Köln, Ratingen und Unna. Weiterhin
hatten mehrere Städte vor Bekanntwerden der Opt-Out-Regelung Ratsbeschlüsse gegen die
Bezahlkarte gefasst. Dazu gehören unter anderem die Städte Bochum, Bonn, Duisburg, Essen,
Oberhausen und Paderborn. (Quelle: Flüchtlingsrat NRW Stand 19.02.2025). Castrop-Rauxel
sollte mit seiner rot-grünen Mehrheit die Bezahlkarte ebenfalls ablehnen.


Ursula Mintrop-Werkle
(fraktionslos)